Warum bekommen wir das nicht in den Griff?

Tulln zu Gast bei Sofias Home. #InternationalerFrauentag

„Warum bekommen wir das nicht in den Griff?“, Sonja Fiegl eröffnet mit dieser ernsten Frage unsere Tulln zu Gast Veranstaltung am 6. März im Treff.Nibelungengasse. Was sie meint sind die zahlreichen Gewaltdelikte einschließlich Morde, die an Frauen in Österreich verübt werden.

Unsere diesmaligen Gastgeberinnen stehen als Erste an Tatorten:

Sonja Fiegl, leitende Polizistin, Bezirkskommandantin und Romana Quast, Kontrollinspektorin beim Kriminaldienst, sowie ihre administrative Assistenz bei Sofias Home Astrid Bauer.

Die Zahlen sind viel zu hoch: psychische und physische Gewalt, meist im Kreise der Familie, Morde, Sexualdelikte, etc. jede 5. Frau in Österreich hat bereits eine Form von Gewalt erfahren, so die Statistik (Quellen siehe unten).

Die Gründe warum wir das als Gesellschaft und in der Politik nicht in den Griff bekommen sind vielfältig und können nicht in drei Sätzen erklärt werden. Wir einigen uns in der Runde als Tullner Nachbar:innen aufs Du und Sonja fährt fort uns tiefgreifende Fragen zu stellen.

„Was ist eine wahre Begegnung?“, „Wie fühlt sie sich an?“ und „Warum ist das wichtig zu erfahren bzw. zu wissen?“, unsere bunte Tullner Gruppe kommt in Bewegung. Lauschten wir zuerst den Vorstellungen und den ersten Ausführungen, kommen wir nun selbst in Gedanken. Schon bald die ersten Wortmeldungen. „Eine wahre Begegnung ist, wenn ich ganz ich sein kann.“ oder „Wahr ist sie, wenn ein tiefes Verbundenheitsgefühl bleibt.“ oder „Was wäre eine unwahre Begegnung?“. Wir merken schon: Fragen bringen uns in Bewegung, wir beginnen zu reflektieren und kommen ins Grübeln.

Und das ist genau der Punkt.

Sonja und Ramona erzählen uns über sehr private Themen und wie sie es durch gemeinsames Reden – Reflektieren über alles – geschafft haben, unter anderem Trauer hinter sich zu lassen. Wie tiefe freundschaftliche Gespräche (die sie mittlerweile auch über einen Podcast veröffentlichen), Fragen und Überlegungen sie dazu bringen die eigene Persönlichkeit zu entwickeln.

Wer über sich, seine eigene Lebenssituation nachdenkt und draufkommt, dass sie (er) die Fäden in der Hand halten kann und über sein Leben entscheiden kann, der gerät weniger schnell oder tief in Abhängigkeit.

Abhängigkeit. Darum geht es also.

Wir sind, was Beziehung angeht, wohl alle abhängig, weil wir soziale Wesen sind. Kritisch wird es, wenn die Abhängigkeit toxisch wird, sie uns nicht gut tut, wir nicht glücklich sind, uns nicht entfalten können, wir krank werden oder schließlich Gewalt (psychisch oder physisch) erfahren.

Wir können diesen Zustand der toxischen Abhängigkeit jedoch nur erkennen, wenn unser eigenes Bewusstsein geschult ist und wir uns damit beschäftigen.

Sonja stellt die nächste Frage: „Wer ist ICH?“ – längere Stille im Raum. Die Frage muss sacken. Sonja ergänzt sogar noch „Was heißt ICH BIN?“. Wir spielen mit ein paar Gedanken dazu und kommen schließlich überein: Wir sind das was wir selbst glauben, das was uns Identität gibt. Frauen in starker Abhängigkeit sind vielleicht „Mutter“, „Ehefrau“ und können sich in diesem Moment nichts anderes vorstellen. Würden sie sich der Abhängigkeit entziehen, was wären sie dann? Der Verlust von Identität kann große Ängste auslösen. Daher wäre es so entscheidend seine Identität auf eine selbst bestimmte Basis aufzubauen und nicht ein gesellschaftliches Rollenbild.

Ängste sind auch ein großes Thema. Das Gewohnte, und sei es noch so schrecklich, ist den meisten immer noch lieber als das Unbekannte.

Wir bewegen uns bei diesem Tulln zu Gast auf einer tiefgehenden Ebene und führen bewegende Gespräche. Es schwingt. Die richtigen Menschen haben sich im Raum versammelt.

Sprache schafft eine Wirklichkeit. Sonja gibt uns ein einfaches Beispiel. Wenn ich glaube, dass „Abenteuer“ eine ganz große Sache sein muss (zB eine Weltreise), dann werde ich vielleicht nie ein Abenteuer im Leben genießen können. Wenn ich allerdings meinen mentalen Raum erweitere („mein Mindset“), dann könnte ich auch das Fallenlassen in den tiefen Schnee als Abenteuer sehen. Dann habe ich unendlich viele große und kleine Möglichkeiten ein Abenteuer zu erleben. Dann haben sich meine Chancen verdoppelt, nein vervielfacht!

Ein enges Mindset gibt einer Frau wenig Chancen und schwächt sie.

Ein weites Mindset gibt einer Frau Macht alles erreichen zu können.

Sofias Home erblickt das Licht der Welt

Sonja und Ramona träumten von einem Ort, wo genau das möglich sein sollte: Das Mindset erweitern, lernen, sich entfalten, die Persönlichkeit stärken, Handlungsräume erweitern, sich selbst und seine Chancen kennen lernen. So entstand die Plattform Sofias Home, an der die beiden seit mehreren Monaten arbeiten.

Zukünftig soll dort ein virtueller Lernraum entstehen, den man orts- und zeitungebunden benützen kann (nicht nur als Frau!). Dafür bauen die beiden gerade ein Netzwerk auf an Menschen, die dort ihr Wissen weitergeben möchten.

Fast zufällig entstand nebenbei auch ein Podcast, der in den letzten Wochen durch die Decke ging. Zuerst ging es um Interviews nach dem Motto „Frau sein bewegt“, doch mittlerweile portraitiert das Format die freundschaftlichen Gespräche zwischen Sonja und Ramona und zeigt sie ganz echt und unmittelbar. Über 2000 Kommentare auf Podigee zeigen, dass das die Menschen sehr bewegt. Durch das Zuhören, nehmen sie ganz viel für das eigene Leben mit und kommen ins Nachdenken.

Danke für die gemeinsame Zeit

Die 1,5 h Tulln zu Gast sind wie im Flug vergangen. Die tiefen Gespräche wirken nach. Es war wirklich faszinierend die Themen zu beleuchten und die unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.

Wir bekommen es nicht in den Griff, weil wir nur die Wunden versorgen, weil wir glauben, wenn wir Gewaltschutzzentren bauen, dann wird mehr Frauen geholfen. Statt Ursachen zu behandeln, werden nur Symptome gemildert. Das kann nicht gut gehen.

  • Es braucht mehr Bewusstsein für toxische Abhängigkeiten.
  • Es braucht mehr Verständnis für persönliche Entwicklung.
  • Es braucht Unterstützung für Frauen, sich dieser Entwicklung zu stellen.

Wir möchten heute nicht nur über das Tulln zu Gast berichten, sondern anlässlich dem Internationalen Frauentag am 8. März auch Hintergründe, Anlaufstellen und Statistiken zum Thema Gewalt an Frauen in Österreich geben.

Das Leben ist eine Reise!


Über Sofias Home

Webseite: https://www.sofiashome.at/

Podcast: https://www.sofiashome.at/podcast/

Unsere Reise beabsichtigt die Entwicklung einer Plattform, auf der wir BewusstSein im Einklang mit der Natur gemeinsam fördern.

Sofias home – Leben eine Reise steht für reflektierte Wege der Selbsterkenntnis, Förderung unserer Beziehungsqualität, Einzigartigkeit und mentale Stabilität. 
Die Freude an der Entwicklung des BewusstSeins, der Achtsamkeit, einer individuell geprägten Haltung zum Leben, zur Sprache sollen durch die Reise mit uns gefördert werden.

Unser Raum ist die Natur. Unsere Stimmen – die Stimmen der Herzen.

Sonja Fiegl und Ramona Quast verbringen viel Zeit in der Natur und in der Reflexion

Anlaufstellen und Gewaltschutz

Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800 222 555 / Beratung rund um die Uhr, anonym und kostenlos, 365 Tage im Jahr.

Halt der Gewalt: Online-Beratung Helpchat täglich von 18 bis 22 Uhr und jeden Freitag von 9 bis 23 Uhr

Opfer Notruf: Telefonnummer: 0800 112 112 Telefonberatung rund um die Uhr. Außerdem: Beratung per Kontaktformular oder Chat auf der Website.

Zusammenschluss Österreichische Frauenhäuser: Ziel des Vereins ist es, die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen und deren Kindern österreichweit voranzutreiben. Mitglieder des Vereins ZÖF sind die Frauenhäuser Wien (4 Frauenhäuser), Graz, Kapfenberg, Klagenfurt, Lavanttal, Spittal, St. Pölten und Villach.

Frauenhäuser Wien: Der Verein Wiener Frauenhäuser bietet misshandelten und bedrohten Frauen und ihren Kindern Schutz und Hilfe. Insgesamt stehen rund 175 Plätze für Frauen und Kinder zur Verfügung. Neben den Frauenhäusern betreibt der Verein auch eine ambulante Beratungsstelle. Die Beratungen sind anonym und kostenlos.

Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie: kostenlose und vertrauliche Hilfe bei Gewalt an Frauen, familiärer Gewalt und Stalking. Te. +43 1 585 32 88

Montag bis Freitag (werktags): 08:30 – 20:00 Uhr
Samstag, Sonntag, Feiertag: 10:00 – 18:00 Uhr

Rat auf Draht: Telefonnummer 147 – die österreichische Notrufnummer für Kinder und Jugendliche.

Bundesverband der Gewaltschutzzentren ÖsterreichsHilfe und Unterstützung für Opfer von Gewalt. Tel. 0800 700 217


Wie kann ich mich von einem gewalttätigen Partner trennen?

Quelle: https://www.woman.at/gesellschaft/femizide

Wir zitieren an dieser Stelle den Artikel „Femizide in Österreich: Die Zahl an Frauenmorden steigt stetig“ von WOMAN.AT:

„Wenn gewalttätige Ehepartner mit Konsequenzen konfrontiert werden, bitten sie oft um eine weitere Chance, flehen um Vergebung und versprechen, sich zu ändern. Ihr wahres Ziel ist es, die Kontrolle zu behalten und ihr Opfer vom Gehen abzuhalten.

Schenke diesen leeren Versprechungen keinen Glauben. Auch wenn du Angst davor hast, wie dein Partner reagieren wird und was die Zukunft für dich bereithält: Lass dich nicht von deiner Angst in dieser ungesunden und gefährlichen Beziehung weiter gefangen halten. Gewalttätige Übergriffe bei einer Trennung lassen sich nicht ausschließen, aber du kannst einiges tun, um deine Sicherheit und die deiner Kinder zu erhöhen.“

Solange du mit deinem gewalttätigen Partner noch zusammenlebst

  1. Der wichtigste Schritt: Rufe eine Beratungsstelle an und lasse dich beraten, wie du in deiner Situation am besten agierst und welche Möglichkeiten und Rechte du hast. Beratungsstellen wie die Frauenhelpline sind rund um die Uhr erreichbar, anonym und kostenlos und unterstützten dich auf deinem Weg raus aus der gewalttätigen Beziehung.
  2. Lass dich nicht von deinem sozialen Umfeld isolieren. Halte und pflege den Kontakt zu deinen Eltern, Nachbarn, Freund:innen, Verwandten und auch zu den Eltern der Freund:innen deine Kinder.
  3. Informiere deine Bekannten, Eltern, Freund:innen, Nachbarn und Verwandte über deine Situation mit deinem gewalttätigen Ehemann und mache mit ihnen Zeichen (zum Beispiel Handzeichen) aus, falls du Hilfe brauchst. Macht euch auch aus, was sie in diesem Fall tun sollen.
  4. Lerne die wichtigsten Telefonnummern wie Polizei und Frauenhelpline auswendig und merke dir, wo in deiner Umgebung Telefonzellen stehen. Im Notfall scheue dich nicht, die Polizei anzurufen. Der Notruf ist kostenlos.

Wenn du dich vorbereitest, dich zu trennen

  1. Wenn du verletzt bist, gehe zum Arzt oder zur Ärztin und lass deine Verletzungen und Arztbesuche dokumentieren. Erzähle die Wahrheit, wie diese Verletzungen passiert sind und von deiner gewalttätigen Beziehung. Sammle Beweise für körperliche Misshandlungen wie Fotos der Verletzungen und Atteste. Bewahre sie an einem sicheren Ort auf oder vertraue sie deinem Anwalt oder deiner Anwältin oder Verwandten und Freunden an.
  2. Versuche etwas Geld beiseitezulegen und gib es vertrauenswürdigen Personen, wie deiner Familie, zur Aufbewahrung. Deponiere dort auch mindestens einen Satz Kleidung für dich und deine Kinder. Vielleicht musst du schnell die Wohnung und deinen Partner verlassen.
  3. Bewahre alle wichtigen Dokumente und Papiere für dich und deine Kinder zusammen mit den wichtigsten Telefonnummern auf, um im Fall einer schnellen Flucht nicht lange alles zusammensuchen zu müssen.
  4. Wenn du dich trennen willst, sorge dafür, dass die Kinder bereits in Sicherheit sind. Bringe sie vorher zu Freunden oder zu deiner Familie.
  5. Hole dir Hilfe und Beistand für deine Trennung. Trenne dich von deinem gewalttätigen Partner nicht, wenn ihr alleine in eurer Wohnung seid. Du weißt nicht, wie dein Partner auf die Trennung reagiert.

Quellen für Statistiken:

https://www.aoef.at/images/04a_zahlen-und-daten/2024/Frauenmorde-2024_Liste-AOeF.pdf

https://www.aoef.at/index.php/zahlen-und-daten

https://www.woman.at/gesellschaft/femizide