Die Veränderung in uns und anderen – 1 Jahr Corona

Ausgerechnet an einem Freitag, dem 13. realisierten wir alle miteinander, dass da was passiert, womit wir alle nicht gerechnet hatten. Ein Virusausbruch, der uns recht überschaubar vorkam, breitete sich aus und führte zu einem Lock Down und vielen anderen Veränderungen, die maßgeblich und global das Leben immer noch beeinflussen. Eine Situation, die die lebenden Generationen so noch nie erlebt haben.

1 Jahr später – die Pandemie hält uns weiter auf Trab

Im heutigen Artikel möchte ich dich ein wenig hinter die Kulisse von Veränderungsprozessen blicken lassen. Denn die Dynamiken zu verstehen, die da im Gange sind, hilft dir deine Umwelt besser einzuschätzen, die Reaktion deiner Mitmenschen anders einzuordnen und kann dich entspannter im Miteinander machen.

Schockzustand ist nicht gleich Schockzustand

Und da fängt die Sache mit der Veränderung schon an spannend zu werden. Eine Situation oder ein Ereignis wird nur zu dem, was darüber gedacht, gesprochen und gefühlt wird.

Zum Beispiel merkt man, dass es unterschiedliche Denkrichtungen rund um den Virusausbruch gibt:

  • Ein Schock
  • Ein Stillstand
  • Ein Neuanfang
  • Eine neues Weltzeitalter
  • Das Ende der Wirtschaft
  • Eine medizinische Katastrophe
  • Eine heilsame Wende
  • Eine bitter nötige Pause

Je nachdem aus welcher Perspektive Menschen das Ereignis betrachten, gibt es unterschiedliche Interpretationen dessen, was uns gerade widerfährt. Und das lasse ich an dieser Stelle genauso stehen. Wer versucht hier auf Wahrheitssuche zu gehen, um zu ermitteln wer nun „Recht“ hätte, ist bereits mit dem ersten Schritt in einem unlösbaren Konflikt geraten.

Ein (Schock)zustand kann daher ganz unterschiedlich wahrgenommen werden, je nachdem was ich darüber denke und mit welchen früheren (Krisen)-Erfahrungen ich ausgestattet bin.

Die 7 Phasen der Veränderung

Ich möchte dir Worte dafür geben, was zwischen uns Menschen „in der Gesellschaft“ gerade vorgeht. Wir stecken kollektiv in einem Veränderungsprozess und was es so unheimlich kompliziert macht: wir sind alle an einem anderen Punkt innerhalb dessen!

Wie läuft ein Veränderungsprozess üblicherweise ab?

Viele Modelle bilden relativ ähnliche Verläufe ab, oben ein Beispiel in 7 Phasen. Vielleicht sind dir auch die 5 Stufen der Trauerverarbeitung bekannt, das wäre ebenfalls ein Veränderungsprozess.

Nach anfänglichem Schock, verneinen wir die Realität („es kann doch gar nicht wahr sein“), es folgt die Einsicht, die uns klar macht „oh doch, so ist es!“. Schaffen wir den Schritt hinunter ins „Tal der Tränen“, sprich der Akzeptanz der Realität, dann werden wir über Ausprobieren und Erkennen, was funktioniert und was nicht, Schritt für Schritt das Neue integrieren können.

Bleiben wir gedanklich noch ein wenig bei „das Neue integrieren“. Dem geht jedes Mal ein Lernprozess voraus (Veränderungsprozesse sind im optimalen Fall Lernprozesse!), nämlich, dass ein bestimmtes Verhalten, eine Gewohnheit oder eine Sichtweise interessant / hilfreich / spannend / aufregend / Nutzen stiftend ist und damit das eigene Leben bereichert.

Um Veränderungen ins eigene Leben zu integrieren, braucht es Experimentierfreude und Mut, denn wer nie etwas ausprobiert, das er nicht kennt, weiß auch nicht, ob es Spaß macht oder hilfreich ist. Dabei können die eigenen Stärken und die von meinen Mitmenschen mir eine große Hilfe sein – sofern wir auf sie achten!

Erst wenn ich die Bereitschaft aufbringe meinen gewohnten Pfad zu verlassen oder mich abfinde, dass ich meinen gewohnten Pfad verlassen musste (vgl. Corona), breiten sich neue Möglichkeiten vor mir aus. Und ganz wichtig: Veränderungen lassen sich gelassener durchleben, wenn Vergleich und Bewertung entfallen.

Ist es wirklich so wichtig, ob es früher besser oder schlechter war? Ist es nicht relevanter zu erkennen wie ich mein Jetzt gestalten kann, um mich wohlzufühlen? Ist es notwendig zu bewerten „wie gut man mit der Situation zurecht kommt“? Ist es nicht vielleicht hilfreicher auf die Lernerfolge und die entwickelten neuen Fähigkeiten stolz zu sein und diese als Bereicherung zu erleben? Lass dir diesen Perspektivenwechsel ruhig in Ruhe durch den Kopf gehen, ich wünsche dir viele wunderbare Erkenntnisse dabei.

Wichtig: dieser Ablauf verläuft kaum linear, sprich, wir können genauso zurückgeworfen werden oder einen Katapultsprung nach vorne machen. Auch die Geschwindigkeit, in der wir diesen Weg der Veränderung gehen, kann von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein.

Wir stehen alle an anderen Wegpunkten

Was uns derzeit das Leben schwer macht, ist die Tatsache, dass wir in unseren persönlichen Veränderungsprozessen an sehr unterschiedlichen Punkten stehen. Viele wollen das Geschehene immer noch nicht wahrhaben und demonstrieren, dass alles wieder so wie früher sein soll. Andere sitzen im tiefen Tal und wissen nicht ein und aus. Wieder andere gestalten ihr Leben Schritt für Schritt mit den neuen Gegebenheiten.

Und jetzt ist ziemlich klar: Wenn drei Menschen mit so unterschiedlichen Wegpunkten aufeinandertreffen, kann nur Konflikt entstehen, wenn sie beginnen würden, um die Wahrheit der Situation zu streiten.

Was uns das Zusammenleben leichter macht

Leichter leben lässt es sich, …

… wenn du erkennst, dass wir an sehr unterschiedlichen Wegpunkten mitten in einem großen Veränderungsprozess stehen und dies mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewältigen.

… wenn du versuchst anders über Reaktionen aus deinem Umfeld zu denken und sie daher auch nicht persönlich nimmst, weil du erkannt hast, warum so viele unterschiedliche Standpunkte entstehen.

… wenn du innerlich pausierst und erkennst, dass auch dein eigener Standpunkt, einfach nur dein Punkt ist und nicht der absoluten Realität oder Wahrheit entspringt.

… wenn du deinen Blick auf Stärken, Lernerfolge und neue Fähigkeiten lenkst.

Und wenn dich das nächste Mal eine Reaktion aus dem Umfeld unrund macht, dann probiere doch mal anders darauf zu reagieren. Du könntest dich zum Beispiel aktiv dafür entscheiden deine Verteidigung sein zu lassen und statt dessen neugierig / interessiert zu werden. Was steckt hinter der Meinung, die dich grad beschäftigt oder aufregt? Wie geht es der Person, die sich so äußert? Wie kam die Meinung zustande?

Bedenke: verstehen heißt nicht automatisch einverstanden zu sein. Verstehen zu wollen kann jedoch Situationen ungemein entspannen und besprechbar machen.

Ich wünsche dir eine gute Reise!

Du weißt nun: es gibt nichts zu müssen oder zu tun, es gibt nur etwas zu erkennen: Nämlich, dass wir allesamt auf einer Reise in ein unbekanntes Land sind und wir alle an sehr unterschiedlichen Wegpunkten stehen. Die Veränderungen durch die Pandemie werden Schritt für Schritt unser Leben formen. Es wird nicht von heute auf morgen „wieder vorbei sein“, sondern wir integrieren unsere erfolgreichen Strategien miteinander und Verhaltensmuster in unseren Alltag.

Ich wünsche dir und uns allen eine gute Reise, mögen wir uns angenehme Reisebegleiter sein, die den Weg im Miteinander gehen!

Autorin: Stefanie Jirgal